Psychische Gesundheit

"Die Katze ist total gestört!" Das höre ich ab und zu, und ich bin dann immer sehr gespannt, was sich tatsächlich dahinter verbirgt. Psychisch kranke Katzen beziehungsweise Katzen mit echten Verhaltensstörungen sind nämlich zum Glück ziemlich selten. Sogar eine vermeintliche Verhaltensstörung wie beispielsweise übertriebenes Fellpflegeverhalten, das letztlich zu Haarverlust oder gar blutiger Haut führt, kann medizinisch bedingt sein und lässt sich durch die gezielte Behandlung der zugrundeliegenden körperlichen Erkrankung super behandeln.

Wenn eine Katze unter gleichbleibenden Lebensbedingungen plötzlich oder auch nach und nach ein verändertes, verstörendes oder aggressives Verhalten an den Tag legt, sollte der erste Weg grundsätzlich zum Tierarzt führen, denn sie hat höchstwahrscheinlich Schmerzen oder ist womöglich an einer Stoffwechselstörung wie Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) oder Diabetes erkrankt - beides Krankheiten, die sich durch Verhaltensauffälligkeiten äußern können.

Allerdings ist es möglich, dass Katzen Verhaltensprobleme entwickeln, ohne  dass eine körperliche Ursache dahintersteckt, nämlich dann, wenn ihre Bedürfnisse nicht erfüllt werden oder sie immer wieder Erfahrungen machen, die sich ungünstig auf ihre Psyche auswirken.

Katzen sind hoch entwickelte, lernfähige Wesen. Und lernfähige Wesen brauchen Erfolgserlebnisse, um psychisch gesund zu bleiben. Wer immer nur Misserfolge erlebt oder gar nicht erst die Möglichkeit bekommt, erfolgreich zu sein, resigniert irgendwann. Das gilt für Menschen genauso wie für Katzen.
Eine Katze, die draußen auf die Jagd geht, hat normalerweise viele Male am Tag Erfolgserlebnisse, nämlich jedesmal dann, wenn sie eine Beute schlägt. Hätte sie damit niemals Erfolg, würde sie als Wildtier nicht nur depressiv werden, sondern schlicht und einfach verhungern.

Gerade für unsere Wohnungskatzen stellt sich die Situation oft etwas verzwickt dar: In der Wohnung gibt es ja normalerweise nichts zu fangen, und folglich hat man als Katze auch keine Erfolgserlebnisse als Raubtier. Einige Katzen vergessen dann auch mit der Zeit, dass sie Raubtiere sind und mutieren zur übergewichtigen Couchpotatoe, die sich nur noch zwischen Futternapf, Katzenklo und Sofa bewegt. Solche Katzen sind zwar in der Haltung sehr angenehm, weil sie quasi keine Ansprüche stellen. Aus meiner Sicht ist es allerdings höchste Eisenbahn, einer solchen Katze zu helfen, sich wieder als echte Katze zu fühlen, die durch Erfolgserlebnisse auch wieder Freude am Leben hat!

Diese so wichtigen Erfolgserlebnisse kannst Du Deiner Katze verschaffen zum Beispiel

- durch interaktives Spiel;

- durch so genannte Futterfummeleien;

- mit Hilfe von Markertraining/Clickertraining.

Ab und zu gibt es aber doch eine Katze, die eine ernsthafte psychische Erkrankung mitbringt, die mit den üblichen Maßnahmen aus dem Repertoire einer Katzenpsychologin allein nicht zu behandeln ist und die Gabe von Medikamenten erfordern kann. Dazu gehören Zwangsstörungen wie das Fangen und Attackieren des eigenen Schwanzes oder auch zwanghaftes Putzen ohne körperliche Ursache, eine generalisierte Angststörung und die so genannte Feline Hyperästhesie, auch "Rolling Skin Syndrom" genannt.
All diese Fälle gehören meiner Meinung nach in die Hände von Tiermedizinern, die auf Verhaltensmedizin bei Katzen spezialisiert sind - zumindest ergänzend zur Katzenverhaltensberatung.